„Lasst uns aufeinander achten! Wir wollen uns zu gegenseitiger Liebe ermutigen und einander anspornen, Gutes zu tun.“ Hebräer 10,24
„Weil ich die Möglichkeit darin sehe, deinen Tag ein wenig zu erhellen, dich zu ermutigen, zu inspirieren, ja vielleicht sogar ein Lächeln auf dein Gesicht zu zaubern, erzähle ich dir Geschichten aus unserem Leben in der Hoffnung, dass sie dir nur Gutes bringen.“ Simmi, Lappland, Dezember 2020
Die ersten Dezemberwochen bereiten mir Sorge und Kopfzerbrechen, weil wir einfach nicht so vorankommen, wie geplant.
Die Deadline für meine Küche hatte ich uns auf den 5. Dezember gelegt. Was soll ich sagen? Es läuft sehr viel langsamer als gedacht.
Wir stehen morgens zwar früh auf, sitzen aber lange beim Frühstück. Bis wir in die Gänge kommen, wird es häufig 11 Uhr, allerdings ist dann erstmal die Runde mit dem Hund fällig. Danach meldet sich mein Magen zuverlässig fürs Mittagessen an und letzten Endes beginnt unser Arbeitstag um 14 Uhr, wenn es bereits wieder dunkel wird. Falls nun noch das Brennholz ausging oder es geschneit hat, beginnen wir die gemeinsame Arbeit an der Küche noch später.
Etwas entmutigt bin ich, als diese Endlosschlaufe an Tagen einfach nicht aufhören möchte. Doch es nützt ja nichts, den Mut zu verlieren.
Also schauen wir einmal auf das Gesamtbild, als eine Art Perspektive von oben.
Im August und September hatten wir so richtig Gas gegeben. Im Oktober und November waren wir auch noch sehr fleißig, wobei die Geschwindigkeit schon nachgelassen hat.
Man könnte meinen, im Dezember haben wir eine Flaute. Stimmt das so? Immerhin sehne ich mich seit Ende Oktober nach Ausspannen und nach ein paar Tagen Urlaub, aber der imaginäre Zeitdruck erlaubt das nicht und außerdem kommt ja irgendwann Weihnachten, da werden wir sowieso eine Pause einlegen.
Warum also fühle ich mich jetzt so bedrückt?
Die Antwort kommt wieder bei einer meiner Touren mit Aleesha, als ich verträumt über die Winterlandschaft nachsinne und erfreut feststelle, dass auch die Natur eine Ruhepause eingelegt hat. Manche Tiere halten Winterschlaf, andere halten Winterruhe und die Laubbäume legen einen kompletten Stillstand ein.
Fast scheint es, als legen sie ihr ganzes Schicksal in Gottes Hände und warten nur ruhig ab, bis der Frühling kommt. Warum also sollte es nicht in Ordnung sein, wenn wir die Tage etwas ruhiger angehen? Wenn wir einfach das, was wir nicht geschafft haben, im Gebet ablegen und es damit gut sein lassen?
Schließlich hatte ich immer gesagt: „die ruhigeren Tage kommen automatisch im Winter.“ Ich sehe ein: ich kann doch zufrieden mit uns sein!
Alles, was wir nicht schaffen und was mir ein schlechtes Gewissen macht, nehme ich ins Gebet. Und dieser Denkanstoß weckt neuen Mut in mir.
Ironischer Weise fällt es mir nach dieser Gesinneswandlung auch nicht mehr schwer,den Frühstückstisch püntklich abzuräumen und zeitig den Tag zu beginnen.
Es hilft also enorm, sich den Druck einfach mal von den Schultern nehmen zu lassen – das gibt richtig neuen Schwung. Die Küche ist übrigens pünktlich zu Weihnachten fast (haha) fertig und wir schaffen es nebenbei sogar, das Haus festlich zu schmücken und Plätzchen zu backen.
Und Apropos Mut: meine Freundin erzählt mir, dass sie sich ein Ziel gesteckt hat und das schon seit längerer Zeit: Sie möchte mutiger werden und dafür probiert sie
Neues aus, um an ihre Grenzen zu kommen und Ängste zu überwinden. Für ihren Geburtstag hat sie ein Abenteuer im Klettertag geplant. Auf meine Frage hin, warum sie das so gerne möchte, meinte sie, es würde sie sicher in vielen Lebensbereichen mutiger machen. Recht hat sie, finde ich, und wir verabreden uns
zusammen mit unseren Männern auf einen Trainigstag, um Höhenangst zu überwinden. Ein sehr sinnvolles Ziel, wenn ich nicht weiter mit wackeligen Knien auf der Leiter stehen und nach 2 Metern Höhe die Hosen voll haben möchte.
Das Schönste im Dezember sind unsere täglichen Aktivitäten draußen im Schnee. Ich mache entweder Sport auf den Langlaufskiern oder auf den Schneeschuhen und Tobi
und Aleesha „begleiten“ mich. Meine Endorphine bleiben nicht unbemerkt. Tobi findet es fast beängstigend, wieviel gute Laune ich ausstrahle und eine Freundin hält mich doch glatt für schwanger oder für frisch verliebt. Ich bin weder schwanger noch frisch verliebt aber ich liebe den Schnee und die Bewegung an der Frischen Luft und beides zusammen macht mich sehr glücklich.
Was das Quadfahren und Schneemobil fahren angeht, so werde ich auch immer mutiger. Was uns Angst macht, sind eben die unbekannten und ungewohnten Dinge.
Autofahren zum Beispiel ist sehr gefährlich aber ich habe keine Angst davor – es ist einfach Routine und einen ernsthaften Unfall haben wir noch nie miterleben müssen.
Keine Angst, ich werde mutiger aber nicht übermütig. In der Nacht nach Heilig Abend fährt Tobi mit mir auf dem Quad durch den Winterwald zum See und ich fahre zurück.
Es gelingt uns, auch wenn das Quad ab und zu keinen Grip im tiefen Schnee findet und „schwimmt“, auf dem Weg zu bleiben und ich schaffe es auf der Rückfahrt in der Spur zu bleiben.
Eine ganz neue und für mich auch mutige Erfahrung ist das Übernachten draußen in der kalten Winterwelt. Wir fangen mal ganz klein an und bauen uns in der Nacht zum zweiten Weihnachtsfeiertag ein Lager vor unserer Haustür. Zwei Isomatten, zwei Thermomatten, zwei Schlafsäcke und ein Tarp. Zu meiner Überraschung schaffen wir es,
bei Minus 10 Grad bis halb Neun morgens draußen zu schlafen – dann aber mal schnell die Hühner rauslassen!
Sehr ermutigend ist eine Nachricht von zu Hause: der Mann einer Freundin hat einen Tumor, von dem vermutet wurde, dass er bösartig sei.
Inzwischen wissen wir aber, dass er gutartig ist und dafür sind wir sehr dankbar. Dankbar sind wir auch allen Freunden, Bekannten und Verwandten, die uns ermutigt und geholfen haben, unseren Weg zu gehen – insbesondere in diesem Jahr, welches so völlig anders geendet hat, als geplant und doch war es ein Happy End, eine Art Timeout in Lappland, bis wir unseren geplanten Weg weiter gehen können.
In diesem Sinne wünschen wir euch allen ein mutiges, inspiriertes und gesegnetes Jahr 2021!
Epilog
Meine Freundin und ich stehen auf einer Plattform in 10 Metern Höhe, gesichert durch einen Klettergurt an einem Drahtseil. Beide würden wir lieber umkehren, denn vor uns liegt
der Abgrund, den wir nur mit viel Geschick, Körperspannung und Balance überqueren können, und zwar über mehrere Holzschaukeln, die sehr wackelig aussehen und zudem von Eis und Schnee bedeckt sind. In unserem Kopf spielen sich ähnliche irrationale Muster ab: was, wenn ich mich nicht halten kann? Was, wenn ich ausrutsche? Im Grunde kann nichts Weiter passieren, als dass wir im Seil hängen und uns wieder nach oben hangeln müssen. Doch dieses Wissen allein hilft uns nicht. Wir befürchten, dass wir es nicht schaffen. Dies ist das dritte Mal, dass ich einen Kletterpark besuche, und es überrascht mich sehr, wie schwer es mir immer noch fällt, meine Angst zu überwinden. Gute Worte helfen sehr und es ist mehr als einmal, dass wir einander gegenseitig ermutigen: „Du schaffst das. Du bist in Sicherheit. Nichts kann passieren.
Du musst nur daran glauben, dass du es schaffen kannst.“ Als wir dann noch an die Station kommen, bei der man tatsächlich freihändig über ein Seil balancieren soll, bete ich mehrmals laut: Gott, hilf mir! Das klingt theatralisch, ich weiß, aber es hat geholfen. Theoretisch hätte ich mich einfach in den Gurt werfen, über den Abgrund gleiten und mich am Ende am Seil hochziehen können, aber wo ist dann die Herausforderung? Daher bin ich sehr stolz auf mich, dass ich es versucht habe – und es hat, entgegen aller Erwartungen, tatsächlich funktioniert! Trotz oder gerade wegen des Adrenalins bin ich nach diesem Tag davon überzeugt,
dass ich mehr solcher Herausforderungen brauche, um schneller über meine Ängste hinweg zu kommen.
Hallo ihr beiden,
wir wünschen euch weiterhin viel Freude in Schweden und Gottes Segen über allem, was ihr anpackt.
Die Küche ist wunderschön geworden und vielen Dank für die vielen stimmungsvollen Bilder und inspirierenden Gedanken.
Wäre schön, wenn wir mal skypen könnten.
Liebe Grüsse aus dem verschneiten Hotzenwald
Eure Familie Höcker
Ihr Lieben, vielen Dank! Wir wünschen euch auch nur das Beste für 2021. Bis morgen 🤗