Ein echtes Timeout

Das Jahr startet super! Einige Tage lang bahnen wir mit dem Quad jeweils circa 10 cm Neuschnee täglich beiseite und räumen mit der Schaufel die Eingänge frei. Regelmäßig laufen wir unsere Pfade mit den Schneeschuhen ab, um sie frei zu halten. Ursprünglich haben drei Fährten zum See geführt, inzwischen sind es nur noch zwei. Eine Spur läuft über den See am Ufer entlang, die Spur zurück führt außen am Ufer entlang durch den Wald. Elchspuren entdecken wir zwar viele, den Elch dazu haben wir aber noch nicht entdeckt – obwohl eine seiner Fährten direkt durch unser Grundstück und am Haus vorbei führt.

Tobi und ich befinden uns nun beide in Urlaubsstimmung. Wir nehmen uns ein paar Wochen frei und sperren die Hütte auf AirBnB für den gesamten Januar – wir machen eine echte und verdiente Auszeit – unser eigenes, wirkliches Timeout.

Wir genießen die freien Tage sehr! Das gemeinsame Abschalten tut uns richtig gut. Ab und zu verbringen wir die Nachmittage mit Freunden, wir plaudern, essen, üben Tontauben schießen, gehen wandern.
Auch im Internet wird es etwas stiller um uns, zumindest, was die sozialen Medien angeht. So bleibt mehr Zeit für Kreativität hinter der Kamera, mit den Stricknadeln und in der Werkstatt.
Mein Strickpulli nach Linka Neumann ist fertig und ich bin mächtig stolz darauf! Nicht alle Zu – und Abnahmen haben reibungsfrei geklappt und auch die Ärmelnaht sieht nicht wirklich ordentlich aus; aber zum Glück befindet sie sich gut versteckt unter den Achseln.

Ein paar erste und eher einfache Ziele für das Jahr 2023 sind: das Aufhängen des Boxsacks, ein supergründlicher Hausputz, die Fertigstellung der Sauna…
Der Flug nach Kanada stellt sich da schon als etwas schwieriger dar. Soll Tobi erst einmal ohne mich fliegen, dann kann er allein mit dem Hausbau beginnen und im Herbst zurückkommen und ich bleibe mit Aleesha und der Katze noch einen Sommer lang hier in Lappland? Alles bleibt ungewiss – zwar mit der Tendenz, dass wir im Juni zusammen nach Kanada fliegen, aber wir halten uns das weiterhin offen. Daher stellt sich wie in jedem Jahr die Frage, ob ich mit der Tomatenzucht starten soll oder nicht. Aber ja, ich werde starten; nur eben mit sehr viel weniger Pflanzen als im vorigen Jahr. Und falls wir, wie geplant, alle im Juni starten können, werden die Pflänzchen eben verschenkt. Ich bin erstaunlich entspannt über unsere Entscheidung, dass wir uns jetzt noch nicht entscheiden. Que sera, sera. Eine sehr philippinische Einstellung, die ab und an bei mir anklopft und die ich von Herzen willkommen heiße.

In der Fotografie blühe ich inzwischen so richtig auf. Ich liebe es, hinter meiner Kamera die Zeit und alles um mich herum zu vergessen und vollkommen im Festhalten des Moments zu versinken. Vor allem bei der Tierfotografie gelingt mir das, denn dabei muss ich nicht so viel nachdenken – einfach draufhalten! Später dann kann ich die Schnappschüsse aussortieren und alle anderen Fotos löschen. Meistens sind es so zwischen 5 und 10 Bildern aus 100, die ich behalte. Alle anderen sind entweder verwackelt oder völlig unspektakulär.

„O sole mio, lalalalala…“

Das Foto oben sollte definitiv ausreichen um zu erklären, weshalb ich beim Fotografieren der Eichhörnchen immer so viel lachen muss.

Mit meinen Freundinnen unternehme ich ein paar wunderschöne Wanderungen unter strahlend blauem Himmel mit wie ohne Schneeschuhe. Gemeinsam wandern wir vom Nachbardorf aus bis in eine kleine, verschlafene Siedlung. Sie besteht aus ganz wenigen Häusern, von denen die allerwenigsten noch bewohnt sind. Leider werden in unserer Gegend immer mehr Höfe verlassen und stehen einfach leer. Die Anwohner werden älter und ziehen in die Stadt, wo ihre Kinder längst schon ihr eigenes Leben aufgebaut haben und kein Interesse mehr am Leben auf dem Land hegen. Die verlassenen, eingeschneiten Häuschen geben ganz reizvolle Motive für meine Kamera her. Überhaupt haben wir eine selten schöne Winterlandschaft mit schneebehangenen Bäumen, die sich vor lauter Gewicht vorn über beugen und märchenhafte Schneebögen kreieren.

Auf dem Heimweg nach meinem Ausflug melde ich mich per Sprachnachricht bei Tobi und frage, ob er schonmal das Abendessen vorwärmen könnte, bis ich zurück bin. Was ich nicht wissen konnte: während ihn meine Nachricht erreicht, steht er mitten im Nirgendwo mit einem defekten Schneemobil. Nachdem er es bereits zuvor im Tiefschnee versenkt hatte und daher ausgraben musste, steht ihm nun noch ein 1,5 stündiger Heimweg auf Schneeschuhen bevor…seine Antwort erhalte ich dann, als ich daheim ankomme. Während ich Feuer mache und ordentlich einheize, frage ich mich, ob ich wohl das andere Schneemobil starten könnte, um Tobi abzuholen. Zu meinem Glück dauert es gar nicht mehr so lange und Tobi steht, mit Eis in den Haaren und ziemlich durchgeschwitzt, vor der Tür.

Klare Nächte gab es auch zwischendurch, und die waren sehr kalt. Das Nordlicht hat sich wieder einmal von seiner schönsten Seite gezeigt, getanzt, farbenfroh geleuchtet und den Himmel und uns verzaubert. Während ich die spektakulären Lichter so sehe, frage ich mich manchmal, wie der Himmel über anderen Ländern aussieht. Ich meine die Länder, in welchen gerade Chaos und Zerstörung herrschen. Wo am Nachthimmel Raketen und Explosionen zu sehen sind. Ich spreche ein Gebet für all die Menschen, deren Schicksale so schlimm getroffen sind. Gleichzeitig empfinde ich demütige Dankbarkeit, dass wir in Frieden leben dürfen. Ganz vorsichtig tauche ich wieder auf aus meiner Gedankenwelt, mache ein paar Fotos und bin wieder völlig im Hier und Jetzt.

Inzwischen ist Mitte Februar, die ersten Gäste waren schon hier, die Tage werden langsam aber spürbar länger und wir sind gut erholt nach unserem Timeout mit neuem Schwung für die nächsten Projekte. Die Sauna steht ganz oben auf der Liste…direkt nach dem Fotografieren.

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